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Architektonisch ist das neue Tiefbauamt eine Meisterleistung. Städtebaulich fällt das aber genauso in`s Gewicht, wie eine Tiefgarage. Ich hatte die Einladung an die Bürger zur Besichtigung am Eröffnungstag wahrgenommen. Schon das tunnelartige Foyer, von dem diverse Röhren abzweigen, ist beeindruckend. Freundlich und hell ausgeleuchtet sind auch die einzelnen Büros der Angestellten, bei denen es zunächst erhebliche Vorbehalte gegen den neuen Arbeitsplatz gab. Auch körperlich stellt das neue Amt eine Herausvorderung dar, da der Einstieg durch die Luke mit der Leibesfülle einiger Beamter nicht im Einklang stand. Da hieß es schon im Vorfeld und auf Direktive des Amtsleiters: Abspecken. Das Klettern auf der senkrechte Metalleiter hinunter in die Eingangshalle war auch nicht jedermanns Sache. In der Presse wurde die angebliche Bürgerfeindlichkeit hochgekocht, auch der Verband der Architekten und Bauingineure protestierte heftig. Mittlerweile sieht man aber ein, das die Bestimmung und die Lage des Amtes gut zusammenpassen. Vieles läßt sich ja heute auch online erledigen.
Fünf Monate nach der Einweihung stand das ganze Amt hüfthoch unter Wasser. Ein Beamter, der sich nicht mit seinen neuen Arbeitsplatz anfreunden wollte, hatte in mühevoller Kleinarbeit von seinem Büro einen Tunnel zum Hauptabwasserkanal gegraben. Wie man es aus Gefängnisausbruchsfilmen kennt, hatte er Erde und Schutt in seinen Hosentaschen aus dem Amt getragen - größere Stücke auch schon mal in der Aktentasche.
Den letzten Tag vor seinem Jahresurlaub, aus dem er übrigens nie mehr zurückkam, nutzte er für den entscheidenden Durchbuch. Bei der Evakuierung gab es zahlreiche Verletzte insbesondere im Bereich der Aufstiegsleiter. Ob das kloakenverseuchte Gebäude jemals saniert werden wird, ist noch offen. Derweil arbeiten die Beamten improvisiert in einer Containersiedlung auf dem Hindenburg-Parkplatz vor dem Schloß.
Die Drehbuchautoren vom Münster Tatort hatten schon einen Leichenfund im versifften Tiefbauamt vor Augen, dessen Todesursache natürlich nicht das Kloakenwasser war. Als man bei einem Ortstermin "Boerne" mit der Idee konfrontierte, zuckte dessen Augenbraue vielsagend nach oben - nur über meine Leiche! Nach einem kurzen Blickkontakt mit Hauptkommissar Thiel, der seine Wangen kurz aufplusterte, fiel der vereinte Blick auf Boernes kleinwüchsige Assistentin Alberich...