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Das Tempo der Rolltreppen

Wer aus dem Norden Deutschlands erstmals in den Süden kommt, gar nicht mal unbedingt bis hinunter nach Bayern, aber immerhin schon bis nach Frankfurt am Main, der wird etwas Erstaunliches feststellen: Geht er nämlich zum ersten Mal mit seinem gewohnten Hamburger Mönckebergstraßenmarschierschritt durch die Frankfurter Fressgass", muss er nach ein paar irritierenden Minuten feststellen, dass seine Mitpassanten im Vergleich zu seinem eigenen Gehtempo fast zu stehen scheinen. Ja, es ist einem, als überhole man in einem rasenden Wagen gemächlich dahinbummelnde Radfahrer. Und man denkt: 'Aha. Der Hesse an sich lässt es also scheinbar gern etwas gemütlicher angehen. Soso.'
Kürzlich stieg ich von Hamburg kommend wieder mal am Frankfurter Hauptbahnhof aus, betrat eine Rolltreppe, die zur Hauptebene hinaufführt, und dachte schon wieder: 'Ich steh!' Was natürlich richtig war, einerseits. Andererseits konnte ich mich auf der sich schneckenartig anfühlenden Rolltreppe trotzdem des Eindrucks nicht erwehren, dass in Frankfurt auch die Rolltreppen irgendwie langsamer gehen als in Hamburg.
Ist es möglich, dass in Deutschland das regionale Rolltreppentempo je nach Lokaltemperament variiert? Kann das sein in einem Land, in dem doch eigentlich alles geregelt und gemaßregelt ist, wenn nicht von Berlin, dann von Brüssel? Nachforschungen im Internet ergeben ein überraschend vielfältiges Bild: Ja, natürlich sind die 'Geschwindigkeiten von Fahrtreppen' geregelt, aber der Rahmen ist doch erstaunlich weit gesteckt, nämlich im Geschwindigkeitsbereich von 1,8 bis 2,7 km/h. Die langsameren Treppen laufen meist in Kaufhäusern, damit der Konsumblick länger schweifen kann, die schnelleren auf Flughäfen, wo man es ja immer erst ganz eilig hat und dann am Gate sitzend wieder alle Zeit der Welt.
Über Bahnhofsrolltreppen sind allerdings keine genauen Geschwindigkeitsangaben zu finden. Aber dafür phantastische Fanberichte über chinesische Rolltreppen, die so dermaßen langsam laufen, dass man auf ihnen endlich den Ort für absolut bewegungslose Meditation gefunden hat. Und begeisterte Beschreibungen von Rolltreppenfreaks, die mit wehenden Haaren die nicht nur rasenden (3,4 km/h), sondern auch supersteilen Abfahrten hinab in die Moskauer U-Bahn wagen. Und da kann man natürlich selbst als Hamburger nur noch neidisch sein.

Richard Christian Kähler

Montag, den 24. Oktober 2011

# Zurück zum Stillstand