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Irgendwann mußte ich mir eingestehen, dass es so nicht weitergehen kann. Die Pudel hatten zu viel Bedeutung in meinem Leben bekommen, ja sie bestimmten es.
Allein hatte ich nicht die Kraft mich zu lösen und in meinem Freundeskreis begegnete man meinem Problem nicht mit der nötigen Ernsthaftigkeit. Einige hatten selbst eine Affinität zu Pudeln oder amüsierten sich über meine Neigung.
Da bekam ich über das Internet Kontakt zu einer Selbsthilfegruppe.
Vor einem Jahr hätte ich mich noch über solche Initiativen lustig gemacht, aber jetzt war ich dankbar, eine gefunden zu haben. Dort lernte ich auch Klaus kennen, dessen Lebensgeschichte für viele andere Betroffene steht.


Klaus B. 59 Jahre

In meiner Familie hatten wir viele Pudel, bereits meine Mutter hatte vier. Schon als dreijähriges Kind habe ich zum Geburtstag einen kleinen Pudel bekommen, damit ich ruhiger bin, nicht so umtriebig. So habe ich mich früh daran gewöhnt, bei Stress und Aufregung erst einmal meinen Hund anzuschauen. Auch wenn es Probleme in der Schule gab, was nicht selten vorkam, da ich eben etwas aufmüpfig war. Meine Mutter sagte immer: "Komm, hol` erst einmal deine Pudel." Mit zwölf Jahren hatte ich schon sieben.
Ich habe gemerkt, wie sich mit den Pudeln meine Hemmungen lösten: Mädchen ansprechen und ausgelassen sein, das klappte einfach viel besser. Auch wenn ich beruflich Vorträge halten musste, hatte ich meine Pudel dabei, um lockerer zu werden.
Lange Zeit habe ich mir etwas vorgelogen. Eines Tages wollte ich zum Beispiel mit Freunden eine Tour auf den Ätna unternehmen, drei Tage lang. Um mir zu beweisen, dass ich auch ohne meine Pudel kann. Ich dachte ich würde Entzugserscheinungen haben, die traten zunächst nicht auf. Dafür habe ich die Tour abgebrochen.
Wir sind nach dem Abstieg in eine Pizzeria, wo ich mir sofort die Pudelsammlung des Besitzers angesehen habe. Ich dachte nur: Das gönne ich mir jetzt.
Mein Büro befand sich nicht weit von meinem Wohnhaus. Auf dem Weg dorthin kam ich immer an einem Pudelsalon vorbei. Er lag auf der linken Straßenseite, während ich zum Büro rechts in eine Straße abbiegen musste. Jeden Morgen, wenn ich aus dem Haus ging, nahm ich mir fest vor, nicht am Salon vorbeizugehen. Je näher ich kam, desto schwächer wurde mein Wille, und letzten Endes ging ich doch hinein. Eines Tages schaffte ich es, ihn nicht zu betreten, da musste ich vor Freude beinahe weinen.
Irgendwann meinte ein guter Freund: "Du hast zu viele Pudel." Das hat mich total gewurmt. Ich wollte mir meine Sucht nicht eingestehen.
Ich bin zu einer Beratungsstelle, und die Ärztin dort hätte mich auch gleich ein halbes Jahr auf Kur geschickt. Das kam allerdings nicht in Frage, denn als Selbständiger wäre ich dadurch pleitegegangen. Also bin ich in die Selbsthilfegruppe, das war meine Rettung.
Bereits nach dem ersten Treffen konnte ich mich so weit zusammenreißen, auf dem Nachhauseweg nicht mehr am Pudelsalon vorbeizugehen.
Es dauerte noch ein halbes Jahr, bis ich mir die Tatsache, pudelabhängig zu sein, offen eingestehen und vor der Gruppe sagen konnte: "Ich bin Klaus und pudelsüchtig."
Aber wenn man aufhört, sich gegen diese Tatsache zu wehren, ist das der erste Schritt zur Besserung.